Start-up CO2BioClean macht Plastik aus KohlenDioxid
Plastik aus heisser luft
Wenn Treibhausgas zum Rohstoff wird
Kohlendioxid ist schlecht fürs Klima. Doch einige Unternehmen nutzen es als Rohstoff – zum Beispiel CO2BioClean in Eschborn. Das wandelt Treibhausgase in biologisch abbaubares Plastik um.
Zu viel Treibhausgas und zu viel Müll: Fabiana Fantinel und Alessandro Carfagnini glauben, für diese beiden Probleme eine technische Lösung gefunden zu haben. Die Gründer des Start-ups CO2BioClean mit Sitz in Eschborn haben ein Verfahren entwickelt, das klimaschädliches Kohlendioxid in biologisch abbaubares Plastik umwandelt. Die Idee wurde auch beim Wettbewerb um den hessischen Gründerpreis ausgezeichnet.
Nach erfolgreichen Labortests lassen die Chemiker Fantinel und Carfagnini derzeit eine Forschungsanlage im Industriepark Höchst errichten, um die Produktion im größeren Maßstab zu erproben. „Hier war alles vorhanden“, sagt Fantinel über den Industriepark. Die 50 Jahre alte Italienerin kannte die Region aus ihrer Zeit beim Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz, schaute sich vor der Gründung von CO2BioClean 2019 aber auch zahlreiche andere Standorte in Europa an.
Die Entscheidung für Höchst fiel nicht zuletzt wegen der Kooperationsmöglichkeit mit der Provadis-Hochschule, die zum Industriepark-Betreiber Infraserv gehört. An der Hochschule werden die für CO2BioClean wichtigsten Mitarbeiter herangezogen: Bakterien, die Kohlendioxid in Polyhydroxyalkanoate umwandeln. So lautet die wissenschaftliche Bezeichnung der krümeligen Substanz, die CO2BioClean herstellt, einer Art Polyester.
Die Idee, Kohlendioxid aus Industrieabgasen abzuscheiden und etwas Nützliches daraus zu machen, ist nicht neu: Mit Ineratec ist im Industriepark schon ein Unternehmen aktiv, das CO2 zusammen mit Wasserstoff für die Produktion klimaneutraler Kraftstoffe verwenden will. Und in einem Stahlwerk von Thyssenkrupp in Duisburg nahm das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik im Juni eine Pilotanlage in Betrieb, die Hüttengase in Methanol umwandelt. Methanol kann ebenfalls als Kraftstoff oder als Grundlage für verschiedene chemische Produkte verwendet werden.
Auch Kunststoffe auf CO2-Basis gibt es schon: Der Dax-Konzern Covestro etwa nutzt das Gas für die Herstellung von Polycarbonat, einem Kunststoff, der beispielsweise für Autoscheinwerfer, Brillengläser oder Waschmaschinengehäuse verwendet wird. Auch bei der Produktion von Polyurethanen, die für Schaumstoffe benötigt werden, setzt Covestro CO2 als Rohstoff ein.
Produkte lassen sich problemlos kompostieren
Das Besondere an den Polyhydroxyalkanoaten (PHA), die CO2BioClean produzieren will: Sie lassen sich problemlos kompostieren. Ein erstes Produkt aus den Polymeren gibt es bereits: eine Schutzhülle für junge Bäume, die verhindern soll, dass Rehe und andere Wildtiere die Rinde abknabbern.
Mit Forstbetrieben in Hessen und Bayern sei vereinbart, 2000 dieser Hüllen in ihren Wäldern zu testen, berichtet Josef Glaß, der COO von CO2BioClean. Wenn konventionelle Schutzhüllen beschädigt würden, blieben die Fetzen als Abfall zurück – die PHA-Hüllen dagegen würden verrotten, sagt Glaß. Allerdings müssten sie sich als hinreichend beständig erweisen, um den Bäumen drei Jahre lang Schutz zu bieten.
Weil PHA biologisch abbaubar sind, eignen sie sich nicht für alle Kunststoffprodukte. Für Verpackungen oder Einwegspritzen dagegen wären sie nach Einschätzung der Gründer ideal. Ihre Vision: Wenn der weltweit verbrauchte Kunststoff komplett aus Kohlendioxid hergestellt würde, könnten dafür immerhin zehn Prozent der industriellen CO2-Emissionen genutzt werden.
Bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg. Für die Forschungsanlage, die im ersten Quartal 2024 in Betrieb gehen soll, wird CO2BioClean zunächst einmal in Gasflaschen angeliefertes Kohlendioxid nutzen.
Für den Bau der Anlage erhielt das Start-up im Frühjahr insgesamt 3,6 Millionen Euro vom Europäischen Innovationsrat (EIC), der Beteiligungsmanagement-Gesellschaft Hessen und dem österreichischen Unternehmen Ghazan Commodities GmbH. Wenn sich das Verfahren bewährt, könnte es an Unternehmen weltweit lizenziert und direkt an großen Industrieanlagen eingesetzt werden.